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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 18.03.2018


Kim Wilde – Here Come the Aliens
Christina Mohr

Kim Wilde meldet sich mit einem neuen Album zurück – und kommt im Herbst auf große Deutschlandtournee. Das ist erstmal Grund zur Freude. Aber Oh, welch´ Zwiespalt für die Rezensentin: Denn es ist ja zunächst mal eine sehr schöne Nachricht, dass es ein Album mit ganz neuen Songs von Kim Wilde gibt, und dass die 57-jährige...




… im Oktober auf ausgedehnte Tour durch Deutschland geht, die nicht nur die ganz großen Städte berücksichtigt.

Aber – und jetzt kommt auch schon der Haken – so originell und witzig das an 60er-Jahre-Trashfilm-Plakate angelehnte Cover von "Here Come the Aliens" auch wirkt, so wenig ist es die Musik darauf.

Keine Künstlerin will nur auf ihre frühen Erfolge festgelegt werden, das ist klar, deshalb ist es verständlich und lobenswert, wenn die einstigen Jugendlieblinge frisches Material veröffentlichen.
Bei Kim Wilde scheint die Fixierung auf "früher" zudem besonders nahe zu liegen, denn ihre wavig (un-)frisierten Anfangstage mit Hits wie "Kids in America", "Cambodia", "Water on Glass" oder, etwas später, der Coverversion "You Keep me Hanging On" stehen geradezu sinnbildlich für den Pop der Achtziger Jahre, keine Party ohne diese Songs. Und weil diese Hits so groß sind, geriet Kimberly Smith, so Kim Wildes bürgerlicher Name, nie wirklich in Vergessenheit, auch nicht, als sie sich in den Neunzigern zurückzog, um eine Familie zu gründen und sich hauptsächlich um ihren Garten zu kümmern.

In den 2000er-Jahren kehrte Kim Wilde bestens gelaunt auf die Bühnen zurück: Mit einem sehr erfolgreichen Best-of-Album und dem noch erfolgreicheren Duett mit Nena ("Anyplace Anywhere Anytime"). 2010 erschien das Album "Come Out And Play", das an den typischen Sound der Achtziger anknüpfte, 2011 das liebevoll zusammengestellte Cover-Album "Snapshots", auf dem Kim persönliche Lieblingssongs von East 17 oder Tasmin Archer interpretierte.

"Here Come the Aliens" ist Kim Wildes 14. Studioalbum und wurde von ihrem Bruder Ricky Wilde (schon immer waren die Wildes ein florierender Pop-Familienbetrieb) produziert und in den Londoner RAK-Studios aufgenommen. Ricky Wilde ließ es sich auch nicht nehmen, bei "Pop don´t stop" mitzusingen, einem Song, der zwar recht flott daherkommt, von der Klasse einstiger Hits aber meilenweit entfernt ist. Auf einem von den Buggles ("Video Killed the Radio Star") gemopsten Intro baut sich ein 0815-Convenience-Stück auf, dessen Refrain beispielhaft für die Beliebigkeit dieser und leider auch der anderen Kompositionen des Albums stehen mag: "Give me Pop, Pop music / Give me Hip-Hop, Rock / give me Funk, don´t stop with the Pop..." - die Wildes wollen von allem ein bisschen, weshalb das Ganze uninspiriert und überproduziert zugleich wirkt.

In fast jedem Stück lässt Ricky Wilde seine E-Gitarre jaulen und kreischen – frau wird ungut daran erinnert, dass das gefürchtete Gitarrensolo schon in den Achtzigern so manchen Song zerstörte. Nicht alles war früher besser. Betont hardrockig kommen viele Stücke daher, die Arrangements sind hemmungslos retro-achtziger, mit -zig Synthiespuren, Background-Chören und noch viel mehr. Selbstredend gibt es – Dramaturgie ist alles – auch eine in der Mitte platzierte rührselige Ballade namens "Solstice", danach wird wieder aufgedreht. Im autobiographischen Opener klärt sich bereits die Alien-Thematik: "1969" handelt davon, wie die kleine Kim gebannt vorm Fernsehgerät saß und die Mondlandung verfolgte – die Lyrics der meisten anderen Songs reihen Pop-Klischees aneinander, als steckte Dieter Bohlen dahinter.

Ein paar Beispiele: "I´m addicted to you now / you´re running through my veins / and it´s the sweetest pain" ("Addicted to you); oder: "pleasure, pleasure, pleasure / building the pressure" ("Stereo Shot"), oder: "I am lost in your spell / you will never understand / now my life´s in your hands" ("Yours til the End"). "Cyber.Nation.War" ist eine kritische Auseinandersetzung mit der globalen Digitalisierung, wirkt neben gut gelaunten Partysongs wie dem Loblied auf einen berühmten Club in Amsterdam, "Rock the Paradiso" allerdings so, als hätte man eben unbedingt noch einen Text mit Bezug aufs Zeitgeschehen haben wollen.

Wir wollen aber nicht nur schimpfen: Kim Wildes unverwechselbare, wundervolle näselnde Stimme, die kein bisschen gealtert, eher angenehm wärmer und voller erscheint als früher, lässt die kompositorischen Mängel und die überdrehte Produktion beinah vergessen. Beinah. Aber es ist doch sehr schön, diese Stimme zu hören und frau freut sich dann doch auf die Konzerte im Herbst (weil Kim bestimmt auch ihre alten Hits singen wird)...

AVIVA-Fazit: "Here Come the Aliens" ist ein durchaus schwungvolles, energiegeladenes Album, über das sich vor allem Leute freuen werden, denen es genügt, dass Kim Wilde überhaupt wieder aktiv ist, und die kaum oder keine aktuelle Musik hören.

Kim Wilde
Here Come the Aliens

12 Songs
ear music, VÖ: 2018)

Kim Wilde und die Tourdaten der Deutschlandtour im Netz: www.kimwilde.com

Weiterhören auf AVIVA-Berlin:

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Beitrag vom 18.03.2018

Christina Mohr